Die Gefährdung der Fledermäuse
1. Künstliche, menschliche Gefährdung
Fledertiere sind durch uns Menschen extrem gefährdet, und dies, obwohl die wenigsten sie tatsächlich bewußt wahrnehmen. Dies sind die Ursachen für den Rückgang unserer Fledermäuse:
Giftbelastung ihrer Nahrung |
In der Landwirtschaft versprühte Insektizide werden mit den überlebenden Insekten aufgenommen und führen durch Anreicherung im Fettgewebe zum langsamen Tod der Fledermäuse, besonders der Jungen und der Männchen, da diese keine Milch geben. |
Verringerung ihrer Nahrung |
Durch den Gifteinsatz in der Landwirtschaft und auch Privatgärten und die Zerstörung von Strukturelementen unserer Landschaften (Hecken, Feuchtgebiete etc.) hat sich die Insektenmenge stark verringert. |
Hautkontakt mit Giften |
Holzschutzmittel werden häufig bei Renovierungen und Neubauten eingesetzt. Sie wirken gegen Holzschädlinge, weil sie Gifte enthalten; Fledermäuse können diese zum Teil über ihre Haut bzw. Schleimhäute aufnehmen und daran zugrunde gehen. |
Zerstörung ihrer Sommer- und Winterquartiere |
Alte hohle Bäume werden gerodet, alte Türme und Dachstühle und andere Gebäude renoviert, abgerissen oder verschlossen, Stollen aus Sicherheitsgründen zugemauert. Lebenswichtige Schutz- und Fortpflanzungsräume gehen so verloren. |
Bauten, Verkehr und Haustiere |
Aus Steigrohren, Kaminen, Hohlräumen in Brücken etc. können Fledermäuse auch kletternd nicht mehr entkommen; in kleineren Wassergefäßen können sie ertrinken. Häufig werden sie Opfer unseres Geschwindigkeitswahns, also des Auto- und Zugverkehrs. Hauskatzen sind die ärgsten Jäger, die der Mensch auf sie losläßt. |
Direkte Störung oder gar Tötung |
Versehentliche Störungen im Winterquartier oder in der Wochenstube können tödlich enden, und selbst vorsätzliche Tötung kommt vor: bei Renovierungsmaßnahmen, weil die Tiere als "Ungeziefer" eingestuft werden, und sogar aus Spaß am Töten, wenn die Tiere in ihren Höhlen aufgestöbert werden. |
Selbst gutgemeinte Handlungen des Menschen werden Fledermäusen gelegentlich zum Verhängnis: Vogelnistkästen aus Holzplatten sind für ihre gefiederten Bewohner relativ ungefährlich, weil diese mit einem kräftigen Sprung und Flügelschlag leicht das Flugloch erreichen. Fledermäuse hingegen scheitern an den zu glatten Innenwänden der Holzkästen: Einmal eingeflogen, versuchen sie bis zur Erschöpfung vergeblich, mit ihren Daumenkrallen Halt zu finden, und gehen schließlich erbärmlich zugrunde.
2. Natürliche "Feinde"
Die wenigen natürlichen Widersacher der europäischen Fledermäuse sind in keinster Weise für deren dramatische Rückgänge verantwortlich, sollen aber dennoch hier genannt werden:
- Nachtgreife, vor allem Waldkauz (Strix aluco) und Schleiereule (Tyto alba), erbeuten gelegentlich Fledermäuse an ihren Verstecken oder direkt an ihren Hangplätzen in Höhlen bzw. Gebäuden.
- Taggreife, also Falken, Habicht und Sperber, jagen in der Dämmerung solche Arten, die schon vor Sonnenuntergang ausfliegen.
- Kleinsäuger, die Fledermäuse jagen, sind der Steinmarder und leider auch die Hauskatze, die sie wie Spitzmäuse meist nur tötet und liegenläßt. Auch Waldmäuse sollen Fledermäuse töten.
- Ektoparasiten leben im Fell und auf den Flughäuten: Wanzen (Cimicidae), Flöhe (Siphonaptera und Ischnopsyllidae), Fledermausfliegen (Nycteribiidae), Zecken (Ixodoidea), Flughautmilben (Spinturnicidae), Räudemilben (Nycteridocoptes) sind zwar arge Lästlinge, bedrohen aber nur das Leben kranker bzw. sehr geschwächter Fledermäuse.
- Krankheiten spielen kaum eine Rolle Tollwutinfektionen sind sehr selten. (Menschen, die intensiv Kontakt mit Fledermäusen haben oder gar gebissen wurden, sollten sich dennoch sicherheitshalber eine Schutzimpfung geben lassen.)
- Gefährliche Hindernisse, an denen Fledermäuse verunglücken können, sind pflanzliche Dornen und Stacheln, Kletten, Stacheldraht etc. In offenen Regentonnen können sie ebenso ertrinken wie Vögel.
- Klima & Wetter sind natürlicherweise dann gefährlich, wenn naßkalte Witterung ungewöhnlich lange anhält, wenn es zu einem allzu abrupten Kälteeinbruch kommt oder wenn die Tiere keinen optimalen Überwinterungsort finden konnten und sich die Ohren abfrieren oder erfrieren. Der Zusammenbruch vieler Fledermauspopulationen in kalten Wintern und Frühjahren der siebziger Jahre erklärt sich durch die schlechte physische Verfassung der Tiere aufgrund ihrer Insektizidbelastung.
3. Rote Listen
Die Rote Liste der gefährdeten Tiere und Pflanzen in der Bundesrepublik Deutschland vermerkte schon 1984:
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Tote, tiefgefrorene Zwergfledermaus, W |
Sehr hohe Gefährdungsraten weist die Ordnung der Fledermäuse auf, die in ihrer Gesamtheit, bei allerdings graduellen Unterschieden von Art zu Art, durch die folgenden drei Schadfaktorengruppen besonders nachhaltig betroffen wird: Verknappung der Insektennahrung, Giftbelastung, Vernichtung von Wochenstuben- und Winterquartierung. Auffällig ist bei dieser Gruppe, daß die besonders eng an den Siedlungsraum des Menschen gebundenen Arten insgesamt noch stärker gefährdet sind als die im allgemeinen siedlungsfern lebenden Fledermäuse (Veränderungen im Umfeld der Dörfer und Städte besonders gravierend!). Auch die unterschiedlichen Jagdbiotope spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle.
In der Roten Liste der gefährdeten Wirbeltiere in Deutschland war 1994 zur Gefährdung zu lesen:
Den wichtigsten Gefährdungsfaktor bildet dabei die drastische Veränderung der mitteleuropäischen Kulturlandschaft sowie der weitere Rückgang der noch verbliebenen Biotope. Kleinbäuerliche Feldkulturen und -fluren einschließlich dazwischen liegenden ungenutzten Flächen boten früher ein sehr hohes Angebot an Insektennahrung. Reiche Jagdgründe und vielfältige Aufenthaltsorte fanden sich ebenfalls in den "traditionellen" Dörfern mit ihrer kleinbäuerlichen Viehzucht. In den letzten Jahrzehnten dagegen verursachte u.a. die Flurbereinigung, dazu die Monotonisierung der Wälder einen starken Rückgang des Nahrungsangebotes und der Fortpflanzungs- sowie Aufenthalts-(Ruhe-)habitate. Einen weiteren gravierenden Faktor bildet die großflächige Applikation von Insektiziden, v.a. in der Land-(z.T. auch Forst-)wirtschaft, wie auch in Anwendung nicht selektiv wirkender Holzimprägnate in den von Fledermäusen bewohnten Dachkonstruktionen und Außenverschalungen von Gebäuden.
Die Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands von 1998 liest sich etwas weniger dramatisch:
Verglichen mit der Einschätzung in der Roten Liste von 1984 (Blab et al. 1984) hat die Bestandsgefährdung für sieben Fledermausarten abgenommen. Diese erfreuliche Entwicklung ist nicht nur auf den Zugewinn der starken ostdeutschen Fledermauspopulationen im Zuge der deutschen Wiedervereinigung, sondern auch auf spezielle Maßnahmen des Fledermausschutzes und die Verringerung von tödlichen Vergiftungen durch Holzschutzmittel zurückzuführen.
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