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Das Verhalten der Fledermäuse

1. Lautäußerungen – Echopeilung

Zur Orientierung in der Nacht bedarf es hochentwickelter Sinnesorgane. Bei den Flughunden sind dies – wie bei anderen Nachttieren – fast ausschließlich die ungewöhnlich großen Augen, die auch noch schwaches Dämmerlicht verwerten. Fledermäuse hingegen benutzen, wie man erst seit den dreißiger Jahren weiß, die Echopeilung Echoortung, und zwar in zwei verschiedenen Techniken:

  1. Typisch für die Glattnasen (Vespertilionidae) ist die einfache Echopeilung mittels knatternder Schallstöße, die im Kehlkopf erzeugt und durch die Mundspalte ausgesandt und deren Echos durch die Ohren wieder aufgefangen werden. Aus der Zeitdifferenz zwischen Ausstoßen des Ultraschallautes und Empfang des Echos ermitteln die Tiere die Entfernung des Hindernisses bzw. Fluginsektes, aus der Zeitdifferenz zwischen dem Echoempfang im linken und rechten Ohr die Richtung. Während des Fressens ist so keine Ortung möglich.
  2. Typisch für die Hufeisennasen (Rhinolophidae) ist eine höher entwickelte Peilung mittels länger anhaltender Ultraschalltöne, die durch die hufeisenförmigen Nasenöffnungen ausgesandt werden – auch bei geschlossenem Mund. Hufeisennasen können die Form der Nasenöffnung verändern und damit den Schallkegel ihrer Rufe an die Entfernung anpassen. Aus der Intensität der Echowellen erkennen sie die Entfernung, mit schon einem ihrer schwenkbaren Ohren die Richtung. Dieses System funktioniert auch beim Fangen und Fressen von Beute.

Beide Techniken kommen bei einigen exotischen Fledermäusen sogar kombiniert vor. Aufgrund ihrer hohen Frequenzen kann der Mensch diese Ortungs- und Jagdlaute nur mit sogenannten Detektoren wahrnehmen und aufzeichnen; Hunde allerdings werden durchaus auf die nächtlichen Flieger aufmerksam. Von der akustischen Peilung bekommt der Mensch nur etwas mit, wenn deren Frequenz im letzten Moment kurz vor dem Fang plötzlich in den hörbaren Bereich abfällt und in einem kurzen Summton (englisch buzz) endet.
    Es kommt allerdings auch vor, daß Fledermäuse in vertrauter Umgebung ohne Echopeilung, also im "akustischen Blindflug" fliegen. Hier vertrauen sie ganz auf ihr Raumgedächtnis, das ihnen allerdings dann nichts nützt, wenn plötzlich ein Hindernis in ihre Flugbahn hineinragt: z. B. ein neugieriger Mensch, der in einer Höhle die Hangplätze der Fledermäuse untersuchen möchte ...

Andere Töne werden auch vom Menschen wahrgenommen: als Zirpen, Zwitschern, Zetern etc. Sie dienen der Stimmfühlung zwischen Artgenossen – vor allem zwischen Mutter und Kind –, der Partnersuche und Balz oder der Warnung vor Gefahren. Jeder Fledermauspfleger kennt solche Laute von seinen Pfleglingen.

2. Nahrungserwerb

Junge Zwergfledermaus frißt Heimchen

Europäische Fledermäuse ernähren sich in erster Linie von nachtaktiven Fluginsekten, erbeuten aber auch Raupen und am Boden laufende Käfer und andere Bodentiere; Arten, die wie die Flughunde Früchte nehmen, kommen nur in Südamerika vor. An dichtere Vegetation gebundene Fledermäuse jagen niedrig über Waldwegen, Lichtungen und Waldwiesen, Schnellflieger mit langen schmalen Flügeln oberhalb von Baumkronen und über Seen und Teichen. Auch in der Nähe des Menschen finden sich geeignete Reviere: etwa an Straßenlaternen, die mit ihrem Licht Nachtinsekten anlocken, und in Gärten, und dies sogar in Großstädten, wo kaum ein Städter ihre Anwesenheit vermutet. Gefangen werden geortete Insekten auf verschiedene Weisen:

Auf der Suche nach jagdbaren Insekten rufen Fledermäuse je nach Umgebung zwischen 5mal und 20mal pro Sekunde: Zwischen Bäumen müssen sie sich durch häufigere Ortungsrufe ein genaueres Lautbild machen als im freien Luftraum über niedriger Vegetation. Ist ein Insekt geortet, wird die Frequenz dieser "Lautblitze" erhöht, damit es trotz eventueller Ausweichmanöver nicht entkommt: Bis zu 200 Rufe in der Sekunde sind bei Annäherung an die Beute für einen kurzen Moment möglich. Kurz vor dem Fang sinkt die Frequenz allerdings plötzlich ab in einen selbst für Menschen noch hörbaren Bereich und wird dann als kurzes Summen (englisch buzz) wahrgenommen. Die Beute ist jetzt im Kescher – oder entkommen, denn sie ist nicht ganz hilflos: Auch Nachtfalter hören mit ihren Tampanalorganen die Echorufe einer Fledermaus und versuchen zu entfliehen, indem sie sich blitzschnell fallenlassen oder die Richtung ändern.

3. Fortpflanzung

Nachdem die Jungtiere selbständig geworden sind, findet in der Regel im September die Paarung statt, der aber in unseren Breiten nicht, wie üblich, sogleich die Entwicklung und Geburt des Embryos folgt: Zunächst findet überhaupt keine Eireifung und Befruchtung statt, der Samen bleibt vielmehr während des Winterschlafs im Weibchen erhalten und befruchtet ein Ei erst, nachdem dieses im April gereift und in den Eileiter gewandert ist. Manchmal kommt es allerdings auch erst im Frühjahr zur Paarung.
    Da der Zeitpunkt der Befruchtung nur schwer zu ermitteln ist, läßt sich auch die Dauer Schwangerschaft nicht genau bestimmen: Sie liegt je nach Art bei 8 bis 10,5 Wochen. Zur Geburt ihres Nachwuchses vereinigen sich die Weibchen in "Wochenstuben", die nur selten von Männchen besucht werden. In der Regel wird nur ein Junges zur Welt gebracht und ca. 6–8 Wochen lang gesäugt. Die Neugeborenen sind zunächst nackt und blind und unfähig, ihre Körpertemperatur zu halten; sie werden deshalb von der Mutter mit einer Flughaut umhüllt und an ihrem Körper gewärmt. Schon nach wenigen Tagen öffnen sich aber die Augen, der Haarflaum beginnt zu wachsen, und die Kleinen hängen sich neben der Mutter mit dem Kopf nach unten auf.
    In dieser Zeit differenzieren sich die für den Menschen noch hörbaren Stimmfühlungslaute in die so wichtigen und für Menschen unhörbaren Orientierungslaute, mit den sich Mutter und Kind fortan verständigen. Wichtig wird diese Verständigung vor allem auf den ersten gemeinsamen nächtlichen Ausflügen: Die Jungen folgen den Orientierungsrufen ihrer Mütter; sobald sie diese nicht mehr hören, melden sie sich mit ihren Stimmfühlungslauten, was die Mütter zur Rückkehr und zum Wiederherstellen des Rufkontakts veranlaßt.

4. Wanderungen

Die kalte und nahrungslose Jahreszeit überbrücken die meisten Fledermäuse durch einen Winterschlaf, einige Arten oder auch nur Populationen ziehen aber wie Zugvögel in den wärmeren Süden. Ihr Zugverhalten ist noch viel weniger erforscht als das der Vögel. Wanderungen bis zu mehreren hundert Kilometern werden aber auch notwendig, wenn geeignete Winterquartiere (natürliche Felshöhlen, alte Bergwerksstollen, unbenutzte Kellerräume) allzu weit von den Sommerquartieren entfernt liegen.

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Nyctalus noctula
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Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) am Abendhimmel · Solingen, 25.09.2011, 19:25 Uhr

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